Der Weg nach Norden

... heisst frei übersetzt auf norwegisch: Norwegen. Die Nord-Süd Ausdehnung von Norwegen beträgt 1’656 km (die der Schweiz: 220 km) - also etwa die Distanz von Nottwil bis nach Athen. Wir bereisten das Land vom nördlichsten bis zum südlichsten Zipfel und waren hier mit 55 Tagen Reisezeit länger unterwegs als in allen anderen Destinationen. Mehr als 4’000 Kilometer kurvten wir kreuz und quer über die Strassen die mal gut ausgebaut, mal so eng und holprig waren, dass sich zwei Fahrzeuge nicht kreuzen konnten. Und wer denkt die Schweiz habe viele Tunnels, der sollte mal nach Norwegen kommen. Der längste Strassentunnel der Welt befindet sich übrigens auch in Norwegen und in einigen Gebieten fuhren wir so oft durch die Berglöcher das wir glaubten, wir hätten uns im Reduit verfahren. Die wenigsten der Tunnels sind gut, wenn überhaupt, ausgeleuchtet. Besonders in den schmalen Exemplaren war die Durchfahrt zwischendurch eine Zitterpartie im schwarzen Loch.


Während unserer Zeit hier konnten wir einige der unzähligen Schönheiten dieses Landes bewundern. Trotzdem gäbe es noch vieles zu erkunden. Ich glaube, ein Land hat man nie „gesehen“, aber ins Herz geschlossen. So ist es uns in Norwegen ergangen. Vielleicht, weil das Land der Schweiz ab und zu ähnlich ist. Eine grandiose Natur mit Wasserfällen (grösser und mächtiger als bei uns), Bergen (kleiner als bei uns) und unendlichen Fjorden (ganz anders als bei uns). Nicht zu vergessen das launische Wetter. Am 11. August schneite es tatsächlich auf 1'000 Meter und für die Winterreifen hatten wir doch wirklich keinen Platz mehr im Büssli gehabt.

Das Land wird von Touristen aus der ganzen Welt geschätzt und an den Top-Sehenswürdigkeiten wurden wir vom Touristenandrang fast erschlagen. Unsere „Lieblingstouristen“ sind mittlerweile die Asiaten. Die kennen gar nichts. Vordrängen wann immer möglich und das Wichtigste: Selber auf dem Foto sein. Selfies schiessen in allen (un-) möglichen Posen bis zum Abwinken. Als sich wieder einmal eine Touristengruppe anschickte, uns rechts zu überholen anstatt anzustehen wie alle anderen Normalsterblichen, stellte ich mich mit meiner Übergrösse von gerundeten 168 cm auf die Überholspur und erklärte den Falschläufern im freundlichen, fliessenden Schweizerdeutsch, dass die Schlange den Zweck habe, eine Schlange zu sein und für alle Menschen gleich sei - ungeachtet vom gedrängten Reiseplan. Mit einem gequälten asiatischen Lächeln stoppte die fernöstliche Überholkolonne.

Die Touristen sind hier wie wohl überall auf der Welt Fluch und Segen zu gleich. Bei einer Stadtbesichtigung in Bergen konnte ich mich mit einer Fremdenführerin über diese Problematik unterhalten. Die Einheimischen meiden die schöne Altstadt während der Hochsaison wann immer möglich und freuen sich auch nicht immer über die Kollateralschäden, die die Touristenwalze hinterlässt. Andererseits sind viele Menschen in Bergen froh über die Jobs in der Tourismusbranche, besonders seit der Erdölpreis eingebrochen ist und es deswegen viele Arbeitslose gibt.

Der Weg nach Norden ist Geschichte, der Weg nach Süden liegt vor uns, immer in der Hoffnung, doch noch einmal kurze Hosen tragen zu können. Aber wie sagt der Norweger so schön: Es könnte auch schneien.

Til neste gang

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